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DER ZUCKERBÄCKER. Ein ‚halber Jude‘- aber ein ganzer Mensch
Lesung des Autors Peter Franz
29. April 2023
Prager-Haus - 15:00 Uhr
Bernhard-Prager-Gasse 8, Apolda
Heinrich Strasser war schon als Kind mit seinen Eltern und Geschwistern von Halle nach Apolda gekommen, denn hier hatte Vater Paul eine kleine Zuckerfabrik gekauft, in der zuerst Konfekt und später auch Zuckerwaffeln hergestellt wurden. Schon als Junge hatte er so die Arbeit eines „Zuckerbäckers“ kennengelernt. Nachdem er nach seinem Schulabschluss den Beruf des Handelskaufmanns erlernt hatte, konnte Heinrich von dem inzwischen älter gewordenen Vater eines Tages den Betrieb übernehmen. Wie schon bisher führte seine jüdische Mutter Berta die Finanzgeschäfte des kleinen Unternehmens weiter – bis dies nach den 1935 erlassenen „Judengesetzen“ nicht mehr möglich war. Auch Sohn Heinrich wurde von den Nazibehörden nunmehr als „Halbjude“ geführt und reglementiert. Bei einer Geschäftsreise nach Frankfurt hatte er eine junge Frau kennengelernt. Als sie ihren Antrag auf Eheschließung bei den Behörden einreichten, wurde ihnen die Genehmigung dazu verweigert. Aber ihre gegenseitige Liebe ließen sie sich nicht zerstören, obwohl die Weiterführung ihrer Beziehung jetzt unter Strafe stand. Als ihre beiden Zwillingsmädchen 1939 zur Welt kamen, ging die „arische“ Rosalia sogar eine Schein-Ehe mit einem Wehrmachtssoldaten ein, um ihre Herkunft durch den „halbjüdischen“ Kaufmann aus Apolda zu verschleiern. Erst als seine Mädchen im siebten Lebensjahr standen, holte der von seinem Zwangsarbeitsdienst zurückgekehrte Heinrich seine Frau und die Zwillinge nach Apolda, wo sie 1947 ihre Hochzeit feierten.
Eintritt frei